2006-12-31

Ansichten jüdischen Lebens. Der Katalog zur Ausstellung.




Ansichten jüdischen Lebens zwischen Maas, Mosel und Rhein im Spiegel alter Postkarten vom Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts, von Pascal Faustini, Ane Kleine, Marx Claude, Philipe Pierret, Antoinette Reuter (Red.), Gérard Silvain, CDMH, 2006 (18 EUR).

Eben erschienen: der Katalog zur Austellung. Neue, im Vergleich zur französischen Ausgabe um 16 Seiten erweiterte Auflage, mit neuen Karten, neuen Textbeiträgen und erweiterter Auswahlbibliographie.



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Zur Einführung

In langen Jahren des Sammelns trug Gérard Silvain Postkarten mit jüdischen Motiven zusammen. Früh erkannte er neben dem kulturhistorischen Wert die soziokulturelle Bedeutung dieses Bildmediums, das in der Lage ist, gesellschaftlichen Wandel, Modeerscheinungen und Aktualitätsbezüge ebenso weiterzutragen wie scheinbar Zeitloses. Gérard Silvain kann mit Fug und Recht als einer der versiertesten – wenn nicht überhaupt der versierteste – Sammler und Kenner jüdischer Postkarten bezeichnet werden.
Lange Zeit wurde die Postkarte, die zweifellos ihren Teil zur Konstruktion des historischen Weltbildes beigetragen hat, von der Wissenschaft wenig beachtet. Doch können uns Ansichtskarten über den jeweiligen Zeitgeschmack beredtes Zeugnis ablegen. Denn es sind nicht bloße Fotos, es sind repräsentative Bilder, die zur Selbstdarstellung der Orte auf Ansichtskarten gedruckt wurden: Hier eine „Judengasse“, die an eine ehemalige Präsenz jüdischer Bevölkerung am Ort erinnert. Dort möglicherweise zufällig ein Geschäft inmitten eines Straßenzuges, dessen jüdische Besitzer Jahrzehnte später von ihren Nachbarn vertrieben wurden. Andere Ansichtskarten wählen stolz die neu errichtete Synagoge, architektonisches Meisterstück moderner Sakralbauten um 1900, neben Kirche und Stadtbrunnen als Sehenswürdigkeit des Ortes zum Motiv. All diese Fotokarten zeugen von der jüdischen Präsenz zwischen Maas, Mosel und Rhein. Wenn Sie die Tafeln betrachten, können Sie sich in die Zeit um die vorige Jahrhundertwende zurückversetzen und jüdischen Alltag in der Großregion entdecken. Sie finden dort neben den „Schum-Städten“ Speyer, Worms und Mainz auch Wittlich, Bitburg, Düsseldorf, Aachen oder Neuwied ebenso wie Metz, Thionville, Luxemburg, Delme, und Arlon.
Alle in der Ausstellung und im Katalog abgebildeten Postkarten stammen aus den Beständen von Gérard Silvain. Auf seine Initiative geht auch das Ausstellungskonzept zurück, das die Anwesenheit jüdischen Lebens in der Großregion um die Wende des vergangenen Jahrhunderts anhand von Ansichtskarten zeigen soll. Auch war es Gérard Silvain, der die Bildkarten nach Regionen und Thema geordnet und dem Team zur Verfügung gestellt hat. Antoinette Reuter vom Dokumentationszentrum für Migration in Dudelange war es, die das Team zusammenrief, in dem sie Pascal Faustini von der Universitätsbibliothek Metz, Claude Marx, vom jüdischen Gemeindearchiv in Luxemburg, Dr. Philippe Pierret, vom jüdischen Museum in Brüssel und Dr. Ane Kleine von der Jiddistik der Universität Trier einlud, an diesem Projekt mitzuarbeiten und es maßgeblich gestaltete.
Die Ausstellung wurde, nachdem sie im April 2005 in Dudelange die erste Vernissage hatte, in einer französischen Fassung in Luxemburg, Belgien und Frankreich gezeigt. Die deutsche Fassung, die seit der Eröffnung im November 2006 in Trier zu sehen ist, wurde gegenüber der französischen deutlich erweitert und vergrößert.
An der Fülle des reichen Materials, das hier ausgestellt wird, sieht man die ikonografischen Schätze, die die Postkarte uns zu bieten hat. Nun beginnt man, diese Schätze zu heben.

Ane Kleine

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Inhaltsverzeichnis

Zur Einführung 4
Geschichte und Soziologie der Postkarte 6
Jüdisches Leben am Rhein und an der Saar 10
Jüdisches Leben im Arloner Land 24
Jüdisches Leben in Lothringen 29
Jüdisches Leben in Luxemburg 42
Das Judentum 48
Jüdische Fest- und Feiertage 50
Helden, Idole, Schmachbilder 66
Auswahlbibliographie 75
Biographie der Autoren 82
Impressum 84